Mein Pausentag in Le Puy en Velay war sehr erholsam, aber auch sehr nass. Ein gewaltiges Gewitter hat sich spät nachmittags über der Stadt ergossen.
Heute morgen heißt es Abschied nehmen von Mark. Wir frühstücken zusammen und packen jeweils unsere nassen Sachen ein.

Gemeinsam laufen wir in die Altstadt, kaufen ein paar Lebensmittel ein und bei der Touristeninformation heißt es Abschied nehmen. Das Gefühl ist komisch, wir waren für knapp 10 Tage ein tolles Team und haben eine Menge zusammen erlebt.
Wir freuen uns beide auf Zeit für uns selbst und das Alleinsein, aber Abschied nehmen nach einer schönen Zeit ist natürlich nicht einfach.
Wir haben viel von einerander gelernt und mit der Erinnerung an die letzten Tage, ziehe ich los.
Meine Motivation ist erstaunlich hoch. Bergauf geht es aus Le Puy raus, der Nebel wird immer dichter. Irgendwann ist der Blick kaum 50 Meter weit. Ich hätte gerne die Aussicht in die Stadt zurück gehabt, aber es zeigt mir nur auf, wie schnell Dinge in der Vergangenheit liegen. Auch die Sicht nach vorn zeigt weißes Nichts. Was in der Zukunft wartet, ist ungewiss. Wir können Pläne haben, aber nichts wird so eintreten, wie wir es in unserer Vorstellung ausgemalt haben. Wir haben das Jetzt, die Gegenwart, die 50 Meter vor mir. Den Augenblick zu geniessen, ist wohl eins der schwierigsten Dinge. Aber der Nebel erinnert mich daran.

Ich begegne den ersten Pilgern, diese werden nun deutlich mehr werden.
Relativ schnell klart es zum Mittag hin auf und die Sonne zeigt sich. Die Landschaft ist wunderschön, die Berge in der Ferne sind einfach traumhaft.

Auf zum Teil schmalen Pfaden laufe ich bedacht, große Steine und Felsen gibt es zu überqueren.

In den letzten zwei Wandermonaten habe ich ca. 20 Pilger getroffen, alleine heute bin ich sicherlich an über 50 vorbei gelaufen.
Nach 18 Kilometern mache ich eine erste richtige Pause auf einer Wiese, ich breite mein Zelt aus, damit es trocknen kann. Meine Sicht ist auf einen Hügel gerichtet, über den ich gleich rüber muss. Dort brauen sich dunkle Wolken zusammen, deswegen halte ich die Pause eher kurz.
Über Kilometer hinweg geht es seit dem Morgen langsam bergauf. Ich bin bei 670 Höhenmetern gestartet und der höchste Punkt liegt bei 1210 Metern. Es geht auf 880 Meter wieder runter und um 15:50 Uhr erreiche ich nach 24 Kilometern Saint-Privat-d’Allier.

In dem Moment wo ich auf die Klingel meiner Unterkunft drücke, fängt es an zu regnen. Wenige Minuten später blitzt und donnert es, ich bin zum perfekten Zeitpunkt angekommen.
Ich werde herzlich begrüßt und der freundliche Besitzer erklärt mir alles. Ich bin in einem Dreibettzimmer mit einer weiteren Frau untergebracht.
Ich nutze meine Zeit bis zum Abendessen für Etappenplanung. Dabei liege ich im bequemen Bett und höre dem Regen zu.
Um 19 Uhr folge ich den anderen runter zum Abendessen. Der Besitzer William hat für uns gekocht, es gibt Suppe als Vorspeise, grüne Linsen aus der Region mit Karotten, Käse als Zwischenspeise und Blaubeerkuchen als Nachtisch. Alles schmeckt wunderbar und beim Essen verquatsche ich mich mit zwei deutschen Mädels. Beide kommen sogar ursprünglich aus Osnabrück, Lana wohnt jetzt in Münster und Nina in Giessen. Was für Zufälle.
Vollgefuttert geht es früh ins Bett.