Die Nacht war erstaunlich frisch und der Temperaturunterschied zeigt sich an meiner Zeltwand. Diese ist mit Kondenswasser überzogen und dort wo ich die Innenseite berühre, laufen Tropfen herunter.
Heute steht nochmal eine kurze Etappe bevor, gegen 10:45 Uhr verabschiede ich mich von meinen Campingplatznachbarn und ihren Oldtimern.
Die Sonne ist stark und ich bin froh, dass es direkt in einen schattigen Wald geht.
Das Laufen fühlt sich gut an, aber meine Stimmung könnte besser sein.
Kurze Zeit später führt es mich durch das Dorf Hirschhausen und kurz danach komme ich an den Wallfahrtsort Pfannstiel. Die Ruine der Wallfahrtskirche ‚Unserer lieben Frau‘ ist hier vorzufinden. Die Kirche wurde erbaut in 1461, und in 1550 abgerissen.

Der grüne, historische Ort hat eine beruhigende Wirkung und lädt zu einer Pause ein. Sogar einen Stempel für meinen Pilgerausweis gibt es hier.
Direkt hinter einem Waldstück nehme ich einen Umweg. Die Supermärkte in Weilburg sind leider nicht im Zentrum und da morgen Sonntag ist, nehme ich die knapp zwei Kilometer in Kauf.

Bei einem Bäcker gibt es bei Kuchen eine weitere Pause und anschließend folgt der Lebensmitteleinkauf.
Weilburg liegt an der Lahn und im Zentrum führt der Weg am Fluss für gut einen Kilometer weiter. Um den Campingplatz meiner Wahl zu erreichen, weiche ich von der herkömmlichen Route ab. Bergauf über Wiesen ist es wunderschön. Der Weg ist nicht immer klar zu erkennen, ist hier aber nicht so schlimm.

Von den wildbewachsenen Flächen hat man einen tollen weiten Blick in die Landschaft.
Bei einer Schutzhütte kann man runter ins Tal zur Lahn direkt auf eine Schleuse schauen. Dort sind gerade einige Kayakfahrer wie in einer Sardinenbüchse gequetscht und warten bis sich das Wasser absenkt.
Mein Weg führt kurze Zeit später direkt am Ufer entlang und da der Fluss einer der langsameren in Europa ist, kann ich einige Boote zu Fuß überholen.
Um 17:15 Uhr erreiche ich nach ca 20 Kilometern den Campingplatz in Gräveneck. Dieser zieht sich über einen Kilometer an der Lahn entlang und ist äußerst gut befüllt.
In der Rezeption kann die Dame meine Gedanken lesen und überlegt an welchem ruhigen Ort sie mich unterbringt.
Ihr Mann nimmt mich im „Golf-Elektro-Auto“ mit zum Ufer und ich bin mehr als glücklich über meinen Zeltplatz.

Über dem Rezeptionsgebäude ist ein Restaurant und dort spielt eine Jazzband, die man über den kompletten Platz hört.
Als ich hier am Zelt im Halbschatten auf einer Bank sitze, auf die Lahn schaue und Eis esse, da klingt die Jazz-Musik fast wie ein Soundtrack. Der Song „Summertime“ erklingt und bei Strophe „Summertime – when the leaving is easy“, fange ich das Träumen an und geniesse diesen wunderschönen Sommerabend.