Um 07:30 Uhr trete ich vom Hotel in den Nieselregen und verlasse Clairveux neben der großen Anlage eines Gefängnisses. Die Mindeststrafe um hier einzusitzen liegt bei 14 Jahren (Ich meine zumindest, das wurde mir erzählt). Allerdings soll es bald geschlossen werden, weil die Umstände dort veraltet sind. Früher war dies eine Abtei und unter Napoleons Führung wurde diese in das größte damalige Staatsgefängnis im Jahre 1812 umgewandelt. Die Geschichte dahinter klingt interessant, allerdings werden Führungen nur in Französisch angeboten.
Nachdenklich zieht es mich aus der Stadt und ich folge umgeben vom Wald für gut zwei Stunden einer Landstraße. Am Anfang zieht sie steil an und so komme ich am frühen Morgen gut ins Schwitzen.
In einem Dorf merke ich wie der seichte Niederschlag meine Jacke durchnässt hat. Mist, hätte ich den Poncho mal eher rausgeholt.
Mit gekreuzten Fingern laufe ich hoffnungsvoll zur Mitte des Ortes und bin überglücklich, dass der Bäcker geöffnet hat. Hier gibt es auch Snacks und so schnell kann ich mich gar nicht entscheiden, aber unter den ungeduldigen Blicken der Verkäuferin kaufe ich Pizza, einen Muffin und Kekse. Kalorienreich und lecker…..
Ich finde keinen Platz, um mich trocken hinzusetzen und da ein laaanger Tag bevor steht, esse ich im Gehen.
Langsam stampfend und glücklich mampfend führt der Weg auf der selben Landstraße weiter.
Das Pizzastück ist mehr als großzügig und sehr lecker.

In St. Usage nutze ich die Bushaltestelle für eine kurze Verschnaufpause und sehe meinen ersten Wegweiser seit Tagen.
Kurze Zeit später laufe ich vorbei an Weinreben. Diese Gegend ist nicht irgendeine. Weltberühmter Champagner wird hier angebaut und darf sich auch nur so nennen, wenn er aus dieser Region stammt und wird somit teuer in andere Länder exportiert.
Die Versuchung ist zu groß und ich koste die violetten, kleinen Trauben. Sie sind knackig und eine leichte Säure überdeckt den Geschmack erst, bis nach ein paar Kostproben die Süße durchkommt. Wie lecker.
Die Aussicht wird auf einem Hügel immer besser und der weitläufige Blick gefällt mir gut. Der Regen hat zum Glück aufgehört und gegen 13:30 Uhr erreiche ich Essoyes, dessen kleines Zentrum einen schönen künstlicherischen Eindruck hinterlässt.
Viel Zeit verbringe ich hier nicht, denn bis spätestens 18:00 Uhr muss ich mein Etappenziel erreichen.

Um 17:30 Uhr schaffe ich es nach 10 Stunden (inklusive eher kurzen Pausen) und 41 Kilometern nach Les Riceys. Mein Lauftempo war heute wirklich gut, sehr beständig. Meine Füße und Beine schmerzen nur sehr leicht, sie sind vorallem einfach müde. Nur mein unterer Rücken macht mehr Probleme.
In einem kleinen schönen Park liegt das Rathaus und von einer netten Frau werden sich dort empfangen, Englisch spricht sie kaum, aber trotzdem können wir uns verständigen. Ich bim jedes Mal dankbar, wenn mir jemand gegenüber ist, der nett und geduldig ist und mir helfen möchte, auch wenn wir nicht die selbe Sprache sprechen.
Ich bekomme die Schlüssel für die „Gite communal“ sprich das Gemeindeferienhaus.
Mein Zimmer ist dem Preis entsprechend minimalistisch eingerichtet. Ein Bett, ein Stuhl,eine Wandgarderobe. Viel mehr brauche ich auch gar nicht. Die Toilette und Dusche sind auf dem Flur, jemand anderes ist nicht hier.
Ich flitze noch schnell zum Supermarkt (mit dem Hintergedanken wieder für zwei Tage einzukaufen) und der typische Abend läuft mit duschen essen, Blogeintrag schreiben und Recherche über den morgigen Tag ab.
Heute bin ich wirklich sehr müde und steige in meiner „Zelle“ in meinen Schlafsack.