Tag 3 – Gespräche mit Fremden

Die ersten Tropfen landen gegen Mitternacht auf der Aussenwand meines Zeltes. Ich wache durch dieses schöne Geräusch auf und brauche sehr lange, um wieder in den Schlaf zu finden. Als mein Wecker morgens klingelt fühle ich die leicht unruhige Nacht in meinen Knochen (könnte aber auch der Muskelkater sein…). Obwohl es die Nacht gut geregnet hat, ist alles in meinem Zelt trocken. Ich hatte dieses erst vor gut zwei Wochen bekommen und die Nähte selbst verdichtet. Das ich großzügig mit dem Silikon war, hat sich ausgezahlt. Ja okay, die Nähte sehen nicht sooo toll aus, aber wen genau interessiert das denn?

Den Gaskocher angeschmissen und ein einfaches Frühstück gezaubert. Heißes Wasser für Instant-Kaffee und Porridge.
Bis ich endlich alles zusammen gepackt habe und los kann, sind 2 Stunden vergangen. Was solls, mir fehlt noch die Routine und eine sehr kurze Etappe wartet heute auf mich.

Ein kleines Waldstück führt mich in das Dorf Müssingen. Die Straße zeigt Häuser mit perfekten Vorgärten auf. Bis ins kleinste Detail sind diese zurecht gestaltet. Eine Rasenfläche ebener als die andere. Von kleinen Gartenzwergen, zu Fahnenmästen, zu chinesischen Kriegerstatuen bishin zu Büschen, die in eine Tierform gebracht wurden. So interessant dies anzusehen ist, so ist der Perfektionismus etwas zu viel für meinen Geschmack. Daneben wirkt ein mintgrünes Haus mit meterhohen Sonnenblumen fast wie der Hippie unter seinen glatt gebügelten Kollegen – ist aber mein klarer Favorit.

Im Schleichtempo laufe ich weiter. Im rechten Fuß zieht es dezent und der blaue Fleck auf der rechten Hüfte fühlt sich auch eher unbequem an.

Auf dem Weg nach Telgte

Von weitem sehe ich Rauch auf einem Feld aufsteigen. Es ist nicht viel und auf die Entfernung kann ich die Ursache nicht ausmachen. Langsam komme ich näher und frage mich, ob es dort wirklich brennt. Bevor ich überstürzt die Feuerwehr rufe, erhöhe ich mein Tempo, da ich sicherstellen will, das es auch wirklich die Ursache für den Rauch ist. Da kommt auch schon ein Traktor übers Feld und kümmert sich, um die rauchige Angelegenheit. Als ich die Stelle passiere, riecht es stark verbrannt. Ich werde auch direkt von dem gutgelaunten Bauern angequatscht. Er hat mich als Pilgerin erkannt und will die wichtigsten Fakten zu meiner Reise wissen. Meine Neugier kann ich auch nicht verstecken und frage ihn nach der Situation. Er murmelt etwas von „angezündeten Strohballen“ „noch am brennen“ und „ist nicht gut für die erste Ernte, wenn das weiter brennt“. Munter wünscht er mir alles Gute und eine Straße weiter genieße ich eine letzte Pause in einer Hütte.
Ich will gerade aufbrechen, da setzt sich eine Frau mit Kleinkind dazu. Wir führen ein längeres Gepräch und gehen ein Stück in dieselbe Richtung.
Die mal kürzeren, mal längeren Unterhaltungen mit fremden Menschen sind immer wieder interessant. Sich die Zeit zu nehmen, Menschen offen zu zuhören und Fragen zu stellen, bringt immer wieder tolle Geschichten hervor. So absurd es vielleicht erstmal klingt- sich mit Fremden zu unterhalten, macht die Welt weniger fremd.

Nach ungefähr 13 Kilometern erreiche ich den nächsten Campingplatz kurz vor Telgte. Er ist wunderschön an der Ems gelegen und auch hier ist die Stimmung harmonisch.
Auf der Zeltwiese bleibe ich die einzige und ein ruhiger Restnachmittag an der Ems lässt mich zur Ruhe kommen.

Nachmittagsentspannung an der Ems

Um 21:00Uhr kuschel ich mich frühzeitig in den Schlafsack, da fängt es von einen Moment auf den anderen laut zu werden. Na toll, mein erstes Gewitter im Zelt.

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