Im Flur läuft jemand mit schweren Schuhen über den Holzboden. Die Augen aufgeschlagen und ein erster Check wie es meinem Körper geht. Vorsichtiges Umdrehen stimmt mich stutzig. Ich verspüre einen leichten Muskelkater, aber nichts besonders schlimmes.
Kurz nach 7:00 Uhr packe ich alles zusammen und gehe zwei Räume weiter, um in Ruhe zu frühstücken. Ich bin alleine und informiere mich über die heutige Tour.
Um 8:45 Uhr bin ich soweit für den Aufbruch. Die Sonne scheint und meine Laune über meinem relativ ausgeruhten Körper ist super. Einen letzten Blick auf das Kloster und den schön gepflegten Platz.
Um warm zu werden, laufe ich sehr langsam. Harsewinkel erreiche ich nach 3 Kilometern. Auf dem Eingangsschild steht „Die Mähdrescherstadt“ geschrieben und ich werde beim Verlassen des Ortes durchaus davon überzeugt. Ein sehr großes abgezäuntes Gelände mit wahrscheinlich hunderten ordenltich aufgereihten Mähdreschern.
Die Wegmarkierung hat mich heute mal wieder im Stich gelassen und ich folge einer Komoot Route (Komoot ist eine Wanderapp). Der Weg führt langwierig aus Harsewinkel heraus und führt dann kilometerlang an der Ems entlang. Mal rechtsseitig, mal linksseitig.
Zum Mittag hin hat es sich bewölkt, was mich nach dem gestrigen Tag auch nicht weiter stört.
Der Weg ist zwischendurch sehr zugewachsen und ich kämpfe mich streckenweise durch hüfthohe Brennesseln. Meine lange Leggins war die richtige Entscheidung. Zwischendurch wechsel ich sogar auf ein Feld und bin froh, dass die letzten 8 Kilometer vor Warendorf ein wahres Spaziergänger Paradies sind. Wunderbare angelegte Wege, vorbei an großen Wiesen und Weiden. Mir geht es körperlich für den zweiten Tag recht gut, aber mein langsames Tempo bringt mich schleppend voran.
Zwei Frauen sprechen mich kurz vor der Stadt an und fragen mich über meine Wanderschaft aus. Eine von ihnen ist schon sechs Mal auf verschiedenen Wegen nach Santiago gepilgert und so bereitet mir das Gespräch eine große Freude.
Am Emssee schnell vorbei gewandert und durch die recht schöne kleine Innenstadt von Warendorf durch. Im Supermarkt kaufe ich fix etwas ein und erreiche endlich um 17:15 Uhr den Campingplatz.
Unter zwei großen gesunden Eichen baue ich das erste Mal mein Zelt auf dieser Reise auf. Luftmatratze aufgepustet, die Schuhe und Socken ausgezogen.
Heute Morgen hatte ich meine kleinen Blasen noch verarztet und den ganzen Tag gar nicht gemerkt. Beim Blick auf den rechten Fuß rutscht mir aber doch ein leises „Oh Fuck“ raus. Die eigentlich großzügig mit Blasenpflaster abgedeckte Blase hat sich massivst vergrößert. Sie schaut über einen Zentimeter hervor. Weiter kommt sie nicht, denn da ist mein Nagel. „Hm, können Blasen eigentlich auch unter den Nagel gehen?“, frage ich mich nachdenklich. „Ob und wann ich wohl meinen ersten Nagel auf dieser Reise verlieren werde…?“, führe ich den Gedanken weiter.
Nach einer kurzen Dusche packe ich das erste Mal meinen Gaskocher aus. Erfolgreich bringe ich Wasser zum Sprudeln.
Meine Ausrüstung fühlt sich noch sehr neu an und mein Umgang mit ihr auch. Das letzte Mal das ich in einem Zelt geschlafen habe, ist sicherlich 10 Jahre her. Die neuen Erfshrungen bereiten mir große Freude. So simple sie auch sein mögen.
Einen kurzen Blick werfe ich nach dem Zähneputzem auf den kleinen See. Wäre es nicht zu kalt würde ich hier liebend gerne reinspringen. Was ein schöner kleiner Campingplatz.