Samstag, 24.02.2018
Es ist Samstagmorgen und ich werde von einem strahlendem, hellblauen Himmel überrascht. Warm eingekuschelt beobachte ich die Vögel um mich herum und genieße den Morgen noch ein wenig länger im Bett.
Den ganzen Tag über bin ich dezent nervös und um 14:30Uhr mache ich mich dann endlich auf zum Skydive Abel Tasman.
Es erwartet mich heute also ein Fallschmirmsprung. Ich habe mich für den höchsten entschieden – 16.500ft (= ca. 5 Km). Ich treffe dort auf Nisha und Tom, dessen erster Sprung es heute auch sein soll. Während wir warten, unterhalten wir uns über dies und jenes. Ich bekomme meine Einweisung und schlüpfe in meinen Anzug und die Ausrüstung und lerne Dan kennen, mit dem ich springen werde. Leichte Nervosität ist zu spüren. Als ich im Flugzeug sitze, nimmt diese jedoch nicht zu – im Gegenteil sie nimmt etwas ab. Wir fliegen hoch auf 13.000ft und die anderen beiden Passagiere springen heraus. Die Tür schließt sich wieder, und da wir höher fliegen, brauchen wir für die nächsten Minuten Sauerstoffmasken.
Ich bin in dieser Runde die einzige, die aus 16.500ft herausspringt und nach insgesamt 20 Minuten erreichen wir die gewünschte Flughöhe. Die Türen öffnen sich, der Kameramann steigt als erstes heraus und hält sich an der Seite des Flugzeuges fest, um meinen Sprung zu filmen.
Ich folge der mir zuvor genannten Einweisung. Ich hänge an Dan und 1 Sekunde später springt dieser dann- und ich natürlich auch. Und das erste was ich denken kann, dass ich kaum Luft bekomme. Ich habe nicht das Gefühl 5 Kilometer in der Luft zu sein, sondern 5 Kilometer unter Wasser. Ein unheimlicher Druck presst auf meine Brust und meine volle Konzentration liegt darauf zu atmen. Ich versuche die gigantische Aussicht über die Landschaft zu genießen, was mir gar nicht so einfach fällt.

Die 45 Sekunden freier Fall fühlen sich in Wahrheit wie 10 Sekunden an, bis Dan an der Leine für den Schirm zieht und mit einem Ruck verwandelt sich der freie Fall in ein Schweben. Tatsächlich ist dies der Punkt, wo ich endlich mit Erleichterung durchatmen kann und die Welt unter mir begutachten kann.

Der hellblaue Himmel mit ein paar wenigen weißen kleinen Wölkchen und das azurblaue Meer, die Strände mit goldgelben Sandstrand stechen hervor und im Kontrast die grüne Landschaft mit den Bergen und Wäldern. Die unendliche Weite ist beindruckend. Der Blick nach Norden zeigt leider ein paar Wolken auf, manchmal kann man die Nordinsel sogar sehen.
Wir segeln nach rechts und nach links und langsam kommt der Boden näher, dennoch wirkt alles sehr irreal. Ähnlich wie eine Miniatur-Welt. Vom Hin-und Herpendeln wird mir leicht mulmig. Kurze Zeit später landen wir sicher auf der grünen, großen Rasenfäche, von der wir gestartet sind.
Der Kameramann ist auch gleich zur Stelle und fragt mich wie es war. Als ich aus meiner Kleidung herausschlüpfe und danach noch einige Zeit auf mein Video und meine Fotos warten muss, hängt mir die Frage noch lange nach. Es war super, aber anders als erwartet. Ich brauche einige Zeit, um auf eine Antwort für mich selbst zu kommen. Jeder schwärmt von Fallschirmspringen, vom Adrenalin-Kick und viele zählen es zu den besten Dingen, die sie je gemacht haben. Letzteres kann ich klar verneinen. Wie kommt es, dass der Fallschirmsprung mir nicht das erwartete Dauergrinsen bescherte?
Aus einem Flugzeug zu springen, steht schon seit langem auf meiner Liste. Nie kam auch nur der kleinste Zweifel auf, dass ich es letzten Endes nicht machen würde. Ich war mir dessen immer sicher. Aber genau da bleibt für mich der Reiz bzw. die Herausfoderung aus. Ich habe nicht einmal etwas dafür getan, ich bin nicht einmal selbst gesprungen. Ich war an Dan festgeschnallt und alles wurde für mich gemacht, bzw. entschieden. Ich habe mich nicht selbst überwunden.
Viele berichten, dass die ersten Sekunden nach dem Springen vergehen, bis man wirklich realisiert, dass man vom Himmel fällt. Nun, ich habe Probleme beim Atmen gehabt, da ist mir jede Sekunde bewusst gewesen, wo ich gerade bin und was zur Hölle ich gerade mache.
Letztendlich war die Aussicht und die Erfahrung es trotzallem wert. Der erwartete „Flash“ blieb aus und sorgte um ehrlich zu sein, für einen leicht negativen Nacheffekt. Aber dies lag an meiner Erwartungshaltung.
Der Sprung an sich hat 401$ (237€) gekostet, plus die 219$ (129€) für den Kameramann und das Filmmaterial. Lindsey, der Besitzer des Campingplatzes, fragt mich am Abend, ob es das Geld wert war. Auch wenn es nicht ganz war wie erwartet, so ist es jeden Cent wert. Man wird mit einem Flugzeug in die Luft befördert und jemand hat dein Leben in seiner Hand.
Ich bin froh, ein Video und Fotos vom Ganzen zu haben, es hilft mir weiter beim Verarbeiten und eine andere Perspektive auf mein deformiertes Gesicht während des Falles zu haben. 😀
Nach Anschauen des Videos traf ich nochmal auf Nisha und Tom. Mit den beiden traf ich mich später fürs Abendessen und wir verbrachten ein paar unterhaltsame Stunden zusammen. Die beiden kommen aus England, reisen aber als Tierärzte herum und leben an unterschiedlichen Orten für eine gewisse Zeit bis sie weiterreisen.
Wir fanden erstaunliche viele Gemeinsamkeiten und als ich mit den beiden bei Nachtisch und guten Geschichten im Restaurant saß, wurde mir klar, wie glücklich mich die Begegenung mit diesen beiden Menschen machte. Fallschirmsprung hin oder her, sie waren letztendlich der Grund, warum ich mit einem Lächeln ins Bett ging und diesen Tag, meinem Geburtstag, zu etwas Besonderem machten.